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Mächtige Bauklammern sichern den mächtigen Bau |
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Ein breiter Riß im Tonnengewölbe nahe der Emporen ließ die
Alarmglocken schrillen. Ein Meterstab paßte hindurch und das verhieß nichts gutes. Bei
näherer Betrachtung konnte man erkennen, daß sich oben in der Mitte des Gewölbes sogar
eine nach unten ragende Verformung ergeben hat. Schließlich durchzog ein Scheitelriß die
Fresken. Besonders drastisch war dies beim predigenden Paulus zu sehen. Diözesanarchitekt
Günter Augsburger hatte als erster den fachmännischen Blick für die schwierige
Situation und der daraufhin eingeschaltete Statiker Erwin Drexler ordnete Sofortmaßnahmen
an, um den breiten Riß zu schliessen. |
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Die Gewölbeabstützung heute: Ecksituation der Konstruktion mit durch Gewindestangen verspannten Druckstempeln |
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Auf altem Gemäuer Das aus Ziegelsteinen hergestellte Gewölbe war - entgegen der bisherigen Auffassung - im Jahre 1721 auf die von der Vorgängerkirche stehengebliebenen Wände gesetzt worden. Es ist fast durchgehend nur 14 Zentimeter stark und an keiner Stelle symmetrisch aufgebaut. Es war von Anfang an geometrisch falsch konstruiert und nach heutigen Maßstäben würde von einem "vertuschten Bauskandal" gesprochen, meint Statiker Drexler. Schon kurz nach der Erbauung war deshalb eine Abstützung erforderlich. Eine von der Kirchenverwaltung in Auftrag gegebene Untersuchung des Holzalters hat diese Annahme bestätigt. Auf das Gewölbe wurden Streifen aus Holz gelegt. Zwischen diesen Holzstreifen und den Außenwänden sowie dem Dachstuhl sorgten eingezwängte Stützpfosten dafür, daß das Gewölbe stabil blieb. Undichtes Dach Die Folge war, daß die Außenmauern langsam immer weiter nach Außen gedrückt wurden. Das Kirchendach war wahrscheinlich immer wieder nur unzureichend gedeckt und deshalb oftmals undicht. Besonders auch bei der letzten Dachumdeckung im Jahre 1965 wurde der Knick im Dach nicht beseitigt, der Nässe zum Dachstuhl gelangen ließ. Die Folge davon war, daß das Dachstuhlholz an vielen Stellen zu faulen begann und nachgab. Dies hatte zur Folge, daß es die stützende Wirkung gegenüber dem Gewölbe nicht mehr wahrnehmen konnte und an einer Stelle sogar massiv ein längs liegender Balken auf dem Gewölbe auflag. Ursprünglich hatte dieser einen Abstand von rund 15 Zentimeter zum Gewölbe. Die Sicherheit für das Gebäude und die Gottesdienstbesucher war nicht mehr zeitgemäß. |
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Sanierungsmöglichkeiten Für die Statikingenieure war klar, daß das Gewölbe nur sich selber und den Putz zu tragen hat. Es steht grundsätzlich selbst, ohne daß es den sich darüber befindlichen Dachstuhl benötigt. Zuerst wurde von Erwin Drexler die Möglichkeit einer "Betonschalenaufhängung" untersucht, als zweite Variante der Einbau einer "Bauklammer". Beides wurde dem Landesamt für Denkmalpflege vorgetragen. Die Idee mit den hölzernen "Bauklammern", die ein ähnliches System wie die Abstützung aus der Erbauungszeit darstellen sollte - allerdings ohne jeden Kontakt zum Dachstuhl - fand die Zustimmung der Denkmalschützer. Weil Drexler wegen der raschen Verwirklichung in Zeitnot geriet, holte er sich Unterstützung beim Planungsbüro für Umbau und Sanierung Dr. Bergmann aus Pfaffenhofen. Während sich Dr.-Ing. G. Zirwas aus diesem Büro der statischen Berechnung der "Bauklammern" widmete und die Konstruktionsdetails entwarf, wurden von Drexler die Konstruktionspläne entworfen. |
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Technische Skizze der Konstruktion |
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Gewünschte Wirkungen Mit den "Bauklammern" sollte das Gewölbe zusammengedrückt werden, daß es in sich stehenbleibt. Außerdem sollten die Wände stabilisiert werden, damit sie oben nicht noch weiter auseinanderklaffen. Und schließlich war das Ziel, bisher schon eingetretene Verformungen des Gewölbes und die Risse zurückzunehmen bzw. zu schliessen. Der Dachstuhl sollte in seiner Substanz nicht angetastet werden. Während des Einbaus blieb die alte Konstruktion bestehen und die Last der Dachdeckung wurde gebraucht, um sicher arbeiten zu können. Zur endgültigen Absicherung entstand im Kirchenraum ein dichtes Stützgerüst mit dicken Styroporbändern als Kontaktmaterial zum wertvollen Stuck und zu den Deckengemälden. Es mußte auf alle Fälle verhindert werden, daß im Zuge der Sanierung die Kirche einen nicht mehr zu reparierenden Schaden davontragen sollte. |
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14 Tonnen Gewicht |
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Einmaliges geschaffen Den Ingenieuren ist eine im wahrsten Sinne des Wortes "einmalige" Lösung gelungen. Insbesondere wurde auch verhindert, daß im Innenraum der Kirche dicke Stahlstäbe zum Zusammenhalten der Außenmauern notwendig wurden. In dem bundesweit in einer Fachzeitschrift unter dem Titel "Kirchensanierung in Millimeterarbeit" verbreiteten technischen Bericht wird die Leistung gerühmt und zum verwendeten Material schreibt der Journalist: "Holz ist eben ein himmlischer Baustoff, auch wenn es bisweilen nur törichte Mauersteine in der Höhe hält". In der Zwischenzeit war Statiker Erwin Drexler mit weiteren Interessenten und Professoren von staatlichen Stellen und Universitäten unter dem Schierlinger Kirchendach, um das Unikat vorzustellen. |
Die Renovierung der Pfarrkirche |
Letzte Änderung: 30.09.2000 |